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Über uns

Leitbild der Löwenzähne

„Habe ich schon gesagt, dass wir jeden Morgen eine halbe Stunde lang einen kleinen schmutzig-grünen Fleck Rasen umkreisen? In der Mitte der Manege von diesem seltsamen Zirkus war eine blasse Versammlung von Grashalmen, blass und der einzelne Halm ohne Gesicht. (…) Auf der Suche nach Lebendigem, Buntem, lief mein Auge ohne große Hoffnung eigentlich und zufällig über die paar Hälmchen hin, die sich, als sie sich angesehen fühlten, unwillkürlich zusammennahmen und mir zunickten – und da entdeckte ich unter ihnen einen unscheinbaren gelben Punkt, eine Miniaturgeisha auf einer großen Wiese. Ich war so erschrocken über meine Entdeckung, dass ich glaubte, alle müssten es gesehen haben, dass meine Augen wie festgebackt auf das gelbe Etwas starrten. (…) Aber so wie du einem, mit dem du sprichst, immer auf den Fleck, den er an der Nase hat, stieren musst und ihn ganz unruhig machst – so sehnten meine Augen sich nach dem gelben Punkt. Als ich jetzt dichter an ihm vorbeikam, tat ich so unbefangen wie möglich. Ich erkannte eine Blume, eine gelbe Blume. Es war ein Löwenzahn.“
Aus: Wolfgang Borchert, Die Hundeblume, 1947

Das Leitbild für Löwenzahn wurde von allen Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern, Vertreterinnen und Vertretern der Pflegeeltern und Mitgliedern des Vorstandes des Vereins in gemeinsamen Diskussionen erarbeitet. Die in ihm festgelegten Grundsätze bilden die Richtschnur für die Arbeit des Vereins. Alle im Verein tätigen Personen sehen das Leitbild als verbindlich an und tragen für die Einhaltung und Umsetzung seiner Prinzipien die Verantwortung. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter repräsentiert Löwenzahn und vertritt das Leitbild in der täglichen Arbeit und in der Öffentlichkeit.

Wie wir wurden, was wir sind Kooperationen Pflegekinder Organisation Team Zum Schluss Eltern Weiterentwicklung Pflegeeltern

„Ein Vierteljahrhundert – wie konnte das passieren?“

Das Leitbild und die ihm unterliegenden Prinzipien haben ihren Ursprung in der mehr als 25jährigen Geschichte des Vereins- und diese beginnt mit der Suche des Jugendamtes nach einer Erziehungsstelle für vier Geschwisterkinder im Jahr 1991. Dieses war die Initialzündung zur Gründung der Löwenzahn Erziehungshilfe. Naturgemäß musste die kleine Gruppe der ersten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter alle pädagogischen, administrativen, organisatorischen und auch handwerklichen Arbeiten in Eigenregie und mit entsprechendem Engagement durchführen. Arbeit und Privates waren zu dieser Zeit eng miteinander verknüpft. Auch als über die Jahre weitere Kinder aufgenommen und Pflegeeltern für diese Kinder gesucht, vorbereitet und begleitet wurden, blieb die enge gegenseitige Bindung im Mitarbeiterkreis erhalten. Dies gelang vor allen Dingen auch dadurch, dass der Verein organisch wuchs – das Wachstum orientierte sich ausschließlich an der Anzahl der unterzubringenden Kinder. Größe und Aufgabe sollten in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kannten alle Kinder und alle Pflegeeltern und es wurde auch darauf geachtet, dass die Pflegeeltern sich ebenfalls untereinander kannten. Auch wenn der Verein inzwischen weiter gewachsen ist, so war es fester Bestandteil dieses Wachstums, die enge persönliche und soziale Bindung zwischen allen im Verein Tätigen so weit als möglich zu erhalten. Dieses prägt die Kultur von Löwenzahn bis heute.

„Um die Kinder geht es doch.“

Die Kinder stehen im Mittelpunkt aller Tätigkeiten von Löwenzahn. Um die Bedarfe der Kinder zu kennen, bauen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eigene Kontakte zu ihnen auf. Die Kinder können dadurch einerseits eigene Wünsche bei der Gestaltung des Pflegeverhältnisses einbringen und andererseits auf ihre Probleme und individuellen Schwierigkeiten aufmerksam machen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben für die Kinder eine vermittelnde Brückenfunktion zwischen den unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Akteure im Pflegeverhältnis. In diesem Sinne wirken sie auch dabei mit, dass die Pflegekinder ihren Platz in der aktuellen Beziehungskonfiguration finden und ihre eigene Biografie in Einklang bringen mit den Erfahrungen der Vergangenheit. Hier werden biografische Wurzeln gefunden und gepflegt. Über Aktivitäten und Ferienfreizeiten erleben die Kinder, dass sie nicht allein sind und es viele andere Kinder gibt, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Die Kontaktangebote zu den Kindern finden über die ganze Dauer des Pflegeverhältnisses – und durchaus auch darüber hinaus – statt. Damit bieten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als kontinuierliche und verlässliche Begleiterinnen und Begleiter der Kinder an.

„Unterstützung der Pflegeeltern ist die beste Unterstützung für das Kind.“

Löwenzahn unterstützt die Pflegeeltern bei der Erziehung und bei der Schaffung von individuellen Entwicklungsmöglichkeiten für die Kinder. Die Pflegeeltern und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vereins begleiten die Kinder gemeinsam auf der Basis ihrer unterschiedlichen Rollen. Diese sehr persönliche Betreuung und Beratung geschieht dabei kollegial und partnerschaftlich. Auf diese Weise entsteht ein Verhältnis, das von gegenseitiger „Erfahrbarkeit“ geprägt ist, d.h. es entsteht eine Beziehung, die sich auf Vertrauen gründet und auf Langfristigkeit ausgerichtet ist. Gleichwohl bleibt dabei die Professionalität erhalten, da immer auch die Distanz zum Familiensystem gewahrt bleibt. Dies wird als wichtig angesehen, da die Selbstbestimmung der Familien als ein hohes Gut angesehen wird. Gelebt wird es auch dadurch, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich flexibel auf die sich verändernden Familiensituationen einstellen und ihre Beratungen und Unterstützungsleistungen daran ausrichten. Gruppenangebote und Ferienfreizeiten stellen Entlastungsangebote dar und über Fortbildungsveranstaltungen – über die die Pflegeeltern mitentscheiden können – findet eine Kompetenzerweiterung statt. Die gesamte Beratungs- und Unterstützungsarbeit ist auf personelle Kontinuität angelegt, mit dem Ziel nach Möglichkeit einen Fachkraft-Wechsel während der gesamten Dauer des Pflegeverhältnisses zu vermeiden.

„Die Eltern mit ins Boot geholt, ist die halbe Miete.“

Die Eltern werden grundsätzlich als überaus wichtig für eine positive Entwicklung des Pflegeverhältnisses gesehen. Dabei geht es nicht nur um die Begleitung von Umgangskontakten, sondern um die Situation der Eltern insgesamt. Die Eltern werden hier dabei unterstützt eine neue Rolle zu finden, da ihnen die Rolle als „alleinige“ Eltern abhandengekommen ist. Es wird ihnen angeboten, gemeinsam in der Situation eine neue Chance zu entdecken. Dazu gehört, dass den Eltern, unabhängig von der jeweiligen Vorgeschichte, mit Wertschätzung, Respekt, Höflichkeit und Würde begegnet wird. Die Struktur und die Inhalte der Unterstützung werden gemeinsam erarbeitet. Durch ihre, den Eltern zugewandte Haltung, sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Lage als ausgleichende Instanz aufzutreten, die bei strittigen Themen zwischen den Eltern, den Pflegeeltern, dem Jugendamt und Kindern vermitteln kann. Unterstützung von Eltern wird auch dann als wichtig angesehen und geleistet, wenn kein Kontakt zwischen den Kindern und den Eltern besteht, da die Eltern in ihrer ungewohnten Situation nicht alleingelassen werden sollen. Die Arbeit mit den Eltern ist durch größtmögliche Transparenz geprägt, d.h. Ehrlichkeit und Klarheit sind von entscheidender Bedeutung, dabei wird Elternarbeit generell immer unter dem Aspekt der Orientierung am Kindeswohl gesehen, d.h. alle Unterstützungsleistungen, gerade auch im Hinblick auf Kontakte zwischen den Kindern und den Eltern, finden hier ihre Grenze.

„Das Team ist Dreh- und Angelpunkt für die Arbeit“

„You‘ll never walk alone“, diese Zeile aus dem gleichnamigen Song charakterisiert auch das Verhältnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Löwenzahn untereinander. Entscheidungen werden nicht allein getroffen, fachliche Diskussionen werden immer mit dem Blick auf die Situation des Kindes bzw. des Pflegeverhältnisses geführt. Dabei werden gerade die Unterschiedlichkeiten der Teammitglieder geschätzt, sorgen sie doch für eine große Varianz von fachlichen Perspektiven, die für Entscheidungen genutzt werden können. Grundvoraussetzung dafür sind gegenseitiger Respekt und das Wissen um die Verlässlichkeit des Teams auch in kritischen Situationen. Mutige Entscheidungen sind gerade auch durch diesen Rückhalt möglich. Das Gefüge des Teams kann mit einem Atommodell verglichen werden, das nur als Ganzes funktioniert, auch wenn es aus einzeln agierenden Elementen besteht. Es existieren für diesen Zusammenhalt keine explizit formulierten Regeln, vielmehr besteht der verbindende Stoff aus einer gelebten Haltung, die aus der Kontinuität der langjährigen gemeinsamen Arbeit und der Identifikation mit Löwenzahn erwachsen ist. Diese Teamkultur wird kontinuierlich durch unterschiedliche gemeinsame Aktivitäten gestärkt und der Entwicklung der Professionalität der Teammitglieder wird durch monatliche Supervisionen, kollegiale Beratungen, Inhouse-Fortbildungen und Weiterbildungen Rechnung getragen. TEAM wird bei Löwenzahn groß geschrieben.

„Ein Pflegeverhältnis ist etwas Lebendiges und kein Aktenvorgang“

Löwenzahn ist vielfältig mit anderen Institutionen verflochten. Nicht immer herrscht in diesen Institutionen das Wissen vor, was die Pflegekinderhilfe so besonders macht und was dies für die Arbeit bedeutet. Löwenzahn ist in diesem Sinne parteilich und steht auf der Seite des Pflegeverhältnisses, was die Kinder, die Pflegeeltern und auch die Eltern einschließt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befinden sich hier in der Rolle von Brückenbauern, die die Anschlussfähigkeit der anderen Institutionen an die Pflegekinderhilfe organisieren. Dabei spielt die Rollenklarheit der Personen eine wichtige Rolle, da alle Beteiligten ihre institutionenspezifischen Aufgaben und Arbeitsweisen besitzen. Diese Aufgaben werden von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Löwenzahn anerkannt und die anderen fachlichen Sichtweisen werden als Gewinn im Ringen um die beste Lösung für die Pflegeverhältnisse betrachtet. Auch wenn häufig die personale Kontinuität von Löwenzahn auf die personale Diskontinuität der anderen Institutionen trifft, wird gleichwohl immer das Gespräch gesucht und darauf geachtet, dass nie verloren geht, dass sich hinter einem Fall immer Menschen verbergen und keine Aktenzeichen. Als besonders wichtig in den Kooperationen wird der persönliche Kontakt gesehen, der das gegenseitige Verständnis für die jeweilige Arbeit stärkt und damit lösungsorientierte Entwicklungen ermöglicht. Kommunikation wird immer als ein Miteinander betrachtet, nie als ein Übereinander.

„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“

Die Organisationsstruktur von Löwenzahn ist dezentral. Es existieren keine örtlich zusammengefassten Büros, sondern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter organisieren die Arbeit von ihren jeweiligen Wohnorten aus. Dies wird als große Freiheit wahrgenommen, die mit hoher Verantwortung gepaart ist. Eingefangen wird diese Autonomie durch die innere Verbundenheit mit Löwenzahn und den anderen Teammitgliedern. Parallel zu der eigenen Autonomie werden auch die Pflegefamilien als autonom betrachtet und die Beratungsarbeit an ihren Bedürfnissen ausgerichtet. Unterstützt wird diese Struktur dadurch, dass es keine örtlichen Zuständigkeiten für 5 Pflegeverhältnisse gibt, sondern eine individuelle Passung von Pflegeverhältnis und Mitarbeiterin/ Mitarbeiter angestrebt wird. Gleichwohl hat diese dezentrale Struktur einen geografischen Mittelpunkt: die Villa. Es herrscht eine starke Verbundenheit mit dem Gebäude, das, wie der Träger selbst, organisch mitgewachsen ist. Hier finden gemeinsame Treffen statt. Diese Treffen und das Gebäude selbst werden als Kraftquelle für die Arbeit wahrgenommen. Dem System angepasst existiert eine Vorstandsstruktur, in der es keinen Vorsitz gibt. Pflegeeltern- und Mitarbeitervertretungen sind dort eingebunden und auch stimmberechtigt. Zeichnungsberechtigt ist die Geschäftsleitung zusammen mit einem Vorstandsmitglied.

„Wir wissen wo wir herkommen – aber wo wollen wir hin?“

Die Entwicklung von Löwenzahn richtet sich nicht nach äußeren Zwängen, sie wird auch in Zukunft achtsam weitergeführt. Im Zentrum stehen dabei die spezifische Art der Arbeit, die besondere Weise des gegenseitigen Wahrnehmens und das daraus resultierende „Löwenzahnsein“ auch an neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzugeben. Zu dieser Form der Entwicklung gehört auch, die Qualität der eigenen Arbeit nicht der Schnelllebigkeit der Jugendhilfe zu opfern. Das schließt nicht aus, Entwicklungen in Gang zu setzen, dies aber immer unter Beachtung der eigenen Grenzen. Wachstum immer nur bis zum qualitativen Optimum – nie bis zum überhaupt Möglichen.

„Was eigentlich ist Löwenzahn?“

Ohne Schnörkel könnte Löwenzahn charakterisiert werden als eine Einrichtung die Pflegeeltern akquiriert, sie schult, die Kinder in Pflegefamilien vermittelt, sie intensiv begleitet bis sie erwachsen sind – und ggf. darüber hinaus. Löwenzahn ist in diesem Sinne ausdauernd und verlässlich. So richtig diese Beschreibung ist, sie verkennt den Stoff, der Löwenzahn im Innersten zusammenhält. Es ist das Löwenzahngefühl, das sich in einer starken Verbundenheit mit den Zielen, den fachlichen Inhalten und den gegenseitigen emotionalen und sozialen Anziehungskräften ausdrückt. Eingebunden in dieses Gefühl sind dabei die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Kinder, die Pflegeeltern, die Vorstandsmitglieder und auch zum Teil die Eltern. Insofern kann Löwenzahn durch die Aussage eines ehemaligen Pflegekindes charakterisiert werden als: Diese eine Blume, die uns alle verbindet.