You’ll never walk alone – ein Löwenzahn an deiner Seite…
Vor wenigen Tagen sind 100 Jungs und Mädels in ihren brandneuen Kartons in der Villa Löwenzahn angekommen. Nein, wir betreiben keinen Menschenhandel, sondern haben kuschelweiche Puppen aus dem Hause HABA geordert, die in naher Zukunft unsere Kinder begleiten sollen…
Seit der Gründung von Löwenzahn sind mehr als 300 Kinder in eine Löwenzahn-Familie gezogen. Manche Kinder haben neben Kleidung oder anderen persönlichen Gegenständen, einen Teddy oder eine Puppe mitgebracht. Manche kamen so ganz ohne ein Teil, das eine Verbindung zum bisherigen Leben herstellt. Viele der ehemaligen Kinder sind heute erwachsen, haben eine Familie gegründet, führen ein selbstbestimmtes Leben. Die Entscheidung, nicht weiter in der Ursprungsfamilie leben zu können, wird nicht von den Kindern getroffen, sondern von wohlmeinenden Erwachsenen in ihren verschiedenen Rollen, immer in der Hoffnung, das „Richtige“ zu tun. Auch wenn die Unterbringung not-wendig für die Kinder war, bedeutet es einen riesigen Einschnitt in ihrem Leben, einen biographischen Meilenstein – eine Wende.
Man stelle sich nun einmal vor, von jetzt auf gleich oder innerhalb kurzer Zeit die vertraute Umgebung verlassen zu müssen; die vertrauten – wenn auch vielleicht nicht guten – Beziehungen zu verlieren. Aus einer Kultur in eine andere verpflanzt zu werden. Alles ist fremd: Gerüche, Geräusche, der ganze Lebensort, es fühlt sich anders an. Die Abläufe sind neu und ungewohnt, können ängstigen oder verwirren auch wenn sie gut gemeint sind. Neue Menschen, Gesichter, die uns anlächeln oder fragend schauen. Nichts ist wie es war und wenn wir sehr klein sind, gibt es nur den Moment, keine Ahnung von und kein Wissen um eine bessere Zukunft.
Es gibt einen Spruch von Hannah Arendt: „Wir können über das Leben nichts wissen, es sei denn, wir erzählen Geschichten.“ Dieser Satz wird oft in Zusammenhang mit Biografiearbeit gebracht und trägt viel Wahrheit in sich. Was wir selbst später für Geschichten erzählen, hängt von den Geschichten ab, die uns erzählt werden. Sind es Geschichten, die vom Reichtum unseres Lebens berichten, reich an Erfahrungen, die uns geformt und geprägt haben, unabhängig davon ob sie gut oder schlecht waren. Sind die Geschichten stimmig, wenn wir sie mit unserem inneren Erleben abgleichen? Machen sie Lust auf eine Fortsetzung, auf neue Kapitel? Sind es hoffnungsvolle Geschichten?
Vielleicht habt ihr noch euer erstes Kuscheltier oder die erste Puppe und wenn ja, dann gibt es ganz sicher eine Geschichte dazu, die Eltern, Großeltern oder andere Menschen erdacht und erzählt haben. Dann wird diese kleine Geschichte ein winziger Teil eurer Geschichte geworden sein, die sich im Laufe der Zeit weiter entwickelte, zunächst Hefte füllte und irgendwann ein (Lebens-) Buch füllen könnte.
Noch sind die Puppen, einfach nur Puppen. Alle gleich, ohne persönliche Geschichte, außer der ihres Herstellungsprozesses und der war vermutlich alles andere als persönlich.
In den nächsten Wochen werden kreative Köpfe und Hände aus den Reihen der Pflegefamilien die Puppen in kleine Vertraute, Tröster, Freunde oder auch Geheimnisbewahrer verwandeln, denn Kleider machen bekanntlich Leute. Zumindest behaupten das manche und hier stimmt es dann auch. Jede Puppe wird neu eingekleidet werden und dem Mädchen und dem Jungen unseres Löza-Logos ähneln. Sie werden Teil der Geschichte der Kinder und der Familien, in der die Kinder heimisch werden können und sich neue Bindungen entwickeln. Und selbst wenn die Reise weitergeht, weil der endgültige Ort, die Perspektive noch nicht feststeht, wird es ein Abschnitt sein, der wenn auch nicht bewußt erinnert, immer erinnerungswürdig ist und von einem kleinen Löwenzahnmädchen oder – jungen begleitet werden wird.
You’ll never walk alone
Fürs Löwenzahn-Team grüßt ganz herzlich
Nicole
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